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Quelle: www.kurier.at |
Heute möchte ich einmal über ein ganz andres Thema schreiben. Seit kurzem sind in Wien weitere Bezirke in die Parkpickerl-Pflicht genommen worden. Anrainer sollen durch die ausgeweitete Parkraumbewirtschaftung unterstützt, ortsfremde Parkende vertrieben werden, und die Umwelt möchte durch die Maßnahme ebenfalls profitieren. Die Idee klingt nachvollziehbar gut. In den betroffenen Bezirken funktioniert sie sogar. Vielleicht.
Aber leider wohne ich am Wienerberg, das heißt in Favoriten.
Im X. Wiener Gemeindebezirk hat sich die Bezirksvorstehung gegen die Einführung des Parkpickerls entschieden. Zuerst war ich dafür sehr dankbar. Kaum waren die Parkpickerln in den angrenzenden Bezirken in Kraft, hat mich die Erfahrung auch schon eines Besseren belehrt. Wie das?
Ich bin um 0:30 Uhr nachhause gekommen, mit dem Auto. Die Nacht zuvor habe ich im Waldviertel beinahe durchgeschrieben. Ich bin auch diesen Tag nicht um die Häuser gezogen, sondern habe auswärts gearbeitet. Wie auch immer. Hundemüde zuhause angekommen, ein Bild des Grauens.
Daheim sind wir ohnedies nicht mit Parkplätzen gesegnet, und neu errichtete Wohnhäuser werden gerade fertiggestellt. Ich bin also so einiges gewohnt, und die kommenden Zeiten verheißen nichts Gutes.
Auf das, was ich jetzt erleben durfte, war ich allerdings nicht vorbereitet. Das Einfahren in die Nebenfahrbahnen war vor lauter Fahrzeugen nicht mehr möglich, geschweigedenn dass eine Fahrbahn freigeblieben wäre. Jeder Zentimeter war zugeparkt. Die Autos beinahe Tür an Tür, Heck an Heck und Kühlergrill an Kühlergrill gestapelt. Auf der Straße (und schon auf den Gehsteigen) parkte alles, was vier oder mehr Räder hat, von Oberwart bis Istanbul (zynisch gesagt).
Ich bin von 0.30 bis 3:10 durch Favoriten gekreuzt. Überall dasselbe Bild: zugeparkte Straßen. Ich kann jetzt meinen Heimatbezirk kartographieren wie ein alter Entdeckungsreisender, vom Wienerbergteich zur Neilreichgasse, von der Laxenburger Straße zur Gudrunstraße, Nebengassen inklusive. Alles umsonst, nirgends auch nur an Parken zu denken.
Um 3:00 Uhr hat es mir endlich gereicht, ich wollte nur noch ins Bett, die Tanknadel bewegte sich für Nichts in einen Bereich vor, der dem Auge weh tut. Also genau vorm Haus ins Halten- und Parkenverboten. Wenn schon gegen das Gesetz verstossen, dann so, dass es mir auch was bringt. Nämlich ein paar Minuten Schlaf mehr.
Am Morgen verkündete mir das Radio, dass in den Außenbezirken alles super sei, nur in Währing ist es diese Nacht zu einem Verkehrschaos gekommen. Aha! - Meine Runden habe ich dann wohl am Planeten Ojo gedreht, dachte ich. Vor 10:00 klopfte es dann an meiner Tür, ein Nachbar. An meiner Windschutzscheibe klemmt ein Strafzettel, warnte er mich.
Danke, jemand hat mich bei der Polizei angezeigt.
Schön, dass es soviel Solidarität unter den Verkehrsteilnehmern und Bürgern dieser Stadt gibt! Besonders jenen gilt mein tief empfundener Dank, die clever sein und sich das Geld für das Parkpickerl sparen wollen indem sie sich zu ihren Nachbarn stellen.
Ach ja, meine Heimfahrt hätte maximal 20 Minuten gedauert, so bin ich zweieinhalb Stunden im Kreis gefahren. Unterwegs habe ich mehrere Leidensgenossen getroffen, an jeder Kreuzung dieselben. Sie kreuzten schon Stunden, drehten ihre Runden. Und wir waren sicher nicht die einzigen diese Nacht. Ob das der Umwelt gut tut?