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Montag, 1. April 2019

Ein Ösi in Connecticut (Teil 42)


Teil 42: Grand Smoky Mountains National Park, TN -NC und Cherokee, NC


Kaum zu glauben, ich schreibe meinen letzten Blog-Eintrag über Julianes und meinen USA-Aufenthalt in New Haven, CT. Nicht mehr an meinem Schreibtisch, aber im Hotel. Nur noch einmal schlafen, und ich bin kein „Ösi in Connecticut“ mehr. Mit Teil 43, „Rückkehr und Fazit“, wird nicht nur unser zweijähriges Leben mit Migrationshintergrund enden, sondern auch dieses Projekt abgeschlossen sein. Und ich möchte mich sehr herzlich bei allen Leserinnen und Lesern für das vielfältige und rege Interesse bedanken. Der Blog hat zwar nur neun offizielle Follower, aber er hat dafür 66 377 Seitenaufrufe verzeichnet. Immer wieder wurde ich auch im wahren, dem analogen Leben interessiert und voller Entdeckerfreude auf meine Zeilen im Internet angesprochen. Vielen Dank!
Eine Reise in den Süden bildete unseren letzten Ausflug innerhalb der USA. Diese führte uns aus Connecticut in Neuengland nach Tennessee und North Carolina unterhalb der Mason-Dixon Linie. Also jenseits der bis heute ziemlich konfliktreichen Trennungslinie zwischen dem Norden und dem Süden der Union. Und nicht selten wurde ich darauf hingewiesen, dass ich mich „dort unten“ im Vergleich zu Nordengland wie in einem anderen Land fühlen werde. Alle, die diesen Hinweis an mich richteten, meinten es von ihrem Standpunkt aus positiv. Obwohl sie alle unterschiedliche Aspekte ansprachen. Beim Süden der USA denkt jede und jeder vor allem eines, nämlich Vorurteile. Die positiven Vorurteile besagen, dass die Menschen in Tennessee und North Carolina im Unterschied zu den „hochnäsigen Yankees“ freundlich, höflich und gastlich sind. Die negativen sehen dort „unten“ Trump-unterstützende Hinterwäldler, die Grillpartys im Schatten der Auspuffgase ihrer Pick up-Trucks und unter der Battleflag der Konföderierten veranstalten. Die wechselseitigen Ressentiments speisen sich naturgemäß aus der etwas älteren und vor allem der jüngeren Geschichte der USA. Juliane und ich haben uns unsere eigenen Bilder gemacht. Mich lockten die Menschen in den Great Smoky Mountains National Park, die schon entlang des Mississippi und im Südwesten der USA lebten, bevor die ersten so genannten „Indianer“ Columbus entdeckt hatten.
In den Bergen am Ocunaluftee River, rund um die Stadt Cherokee in North Carolina, liegt die Reservation der Cherokee Nation. Eine First Nation, die zu den so genannten „Five Civilized Tribes“ gehörte. Cherokee, Chickasaw, Choctaw, Creek (Muscogee), und Seminolen unterhielten seit der frühesten kolonialen Phase auf dem nordamerikanischen Kontinent wirtschaftliche, politische und diplomatische Kontakte zu Europa. Durch wechselseitige Verträge geregelte Verhältnisse bewirkten, dass diese Nationen die europäische Lebensweise übernahmen. Nach dem Unabhängigkeitskrieg erfüllten sie alle von den USA gestellten Bedingungen, um Bürger der USA zu werden, wie ihren gewählten Regierungen von Washington, Jefferson und Knox versprochen worden war. Seit Anbeginn der Zeiten Farmer, schufen die Cherokee den infrastrukturellen Aufschwung und die wirtschaftliche Grundlage des Südwestens der USA. Inklusive Plantagenwirtschaft, was einen dunklen Schatten auf ihre Geschichte wirft. Seit 1790 wurde im Südwesten der USA der „Plan of Civilization“ umgesetzt, der Geschlechterverhältnisse und Religion der einheimischen Bevölkerung vollkommen an die Lebensart der Einwanderer und Siedler aus dem Norden und Europa anpasste. Kurz und polemisch zusammengefasst: Aus Männern wurden Frauen gemacht, und aus Frauen Hunde. Zuvor für die Landwirtschaft verantwortlich, verschwanden die Frauen aus dem öffentlichen Leben. Was keineswegs zeitgemäß „europäisch“ gedacht war, sondern rein US-puritanisch. Das Christentum in seiner US-amerikanischen Interpretation löste das traditionelle Weltbild ab. Vor allem durch das Wirken der Foreign Mission School (1817-1826) in Connecticut, die auch einheimische und farbige Prediger ausbildete. Die Cherokee-Sprache wurde mittels eines einzigartigen Syllabars verschriftlicht. Am Ende der Entwicklung entstand eine Zeitung mit Amtsblatt der Cherokee Nation. Der Wohlstand der Cherokees weckte Begehrlichkeiten, vor allem vonseiten Georgias. Ungeachtet aller bilateralen Verträge mit der englischen Krone und aller Versprechen von US-Präsidenten und US-Secretaries of State unterzeichnete US-Präsident Andrew Jackson am 28. Mai 1830 den Indian Removal Act. Jener Andrew Jackson (1767-1845), dem ein Cherokee-Krieger einst das Leben gerettet hatte. Ein Gesetz, dass Juliane und mir noch vor wenigen Tagen als Besucher des Kapitols in Washington DCs als eines in einer langen Reihe von „großartigen“ Gesetzen präsentiert wurde, das durch das demokratisch gewählte Repräsentantenhaus erlassen worden war. Tatsächlich führte dieses Vertreibungsgesetz zum „Trail of Tears“, dem Genozid an der Cherokee Nation. Dieses Gesetz bewirkte, dass „indianische“ Haus-, Land- und Geschäfts- und Gewerbebesitzer mit staatlicher Gewalt von ihrem Besitz vertrieben wurden, der unmittelbar an bereits wartende Weiße übergeben wurde. Die Vertriebenen wurden in Konzentrationslager gesperrt. Die Deportation in die so genannten „Indianergebiete“ mussten die Cherokee selbst organisieren und finanzieren. Der Tod unzähliger Menschen in den Lagern, auf Todesmärschen und während der „Umsiedelung“ wurde wissentlich von den Regierungen in Atlanta und Washington DC in Kauf genommen. Ich glaube nicht, dass ich an dieser Stelle extra erwähnen muss, an was mich dieser organisierte Genozid an assimilierten Mitbürgerinnen und „Ja leider dann doch nicht“-Staatsbürgern erinnerte.
In Washington, DC hörte ich immer wieder Menschen davon sprechen, dass die USA endlich ihren „eigenen Holocaust“ bekannte. Sie hatten alle das „Museum of African American History“ in der Hauptstadt der USA besucht und waren ehrlich und meiner Meinung nach völlig zurecht vom Gesehenen und Erlebten schockiert. Der transkontinentale Sklavenhandel ist eines der widerlichsten und abartigsten Kapitel der Weltgeschichte. Ein Verbrechen an Unschuldigen, das Europäer, Araber und Afrikaner gleichermaßen involvierte und schuldig machte. Trotzdem hinterließ die Formulierung einen bitteren Nachgeschmack auf meiner Zunge. Und dieser laute und oft gehörte Ausruf der Empörung klang in meinen Ohren nicht nur, sondern auch nach Bewunderung und „Sündenstolz“. Im Sinne von, die USA reiht sich nun ganz in die Reihe der imperialistischen Kolonialreiche ein, sie ist endlich im Guten wie im Bösen in einem Atemzug mit Groß Britannien, Spanien, Frankreich und Deutschland zu nennen. Eine „vollkommene“ Großmacht mit festem Platz in der Geschichte. Auch wenn immer wieder der Versuch unternommen wurde und wird, die Verantwortung für Plantagenwirtschaft und Sklavenhandel an den „Europäern“ festzumachen. Die Ermordung, Versklavung und Vertreibung der Native Americans, der Kariben und der Polynesiern durch die USA seit 1776 war im selben Atemzug völlig vergessen. Die ersten Regimenter, rekrutiert aus befreiten afrikanischen Sklaven, kämpften nicht im Bürgerkrieg gegen die Konföderierten, sie kämpften 1812 unter britischer Flagge gegen die USA.
Besonders unappetitlich wird diese an sich schon widerliche Diskussion, wenn man tut, was man erfahrungsgemäß besser niemals tun sollte, nämlich die Kommentare im Internet zu lesen. Zum Beispiel unter dem YouTube-Video Trevor Noahs und der Daily Show von Comedy Central zum Thema möglicher Reparationszahlungen an die Nachkommen schwarzer Sklaven in den USA. In den Kommentaren dort entlädt sich die gesamte Kraft des „Teile und Herrsche“ der aktuellen Identitätspolitik, sobald jemand auf die Verbrechen an den Native Americans verweist. Schnell sind sich auch bisher unversöhnliche Bevölkerungsteile einig, die „Indianer“ würden „ja genug Geld mit ihren Kasinos in den Reservaten verdienen“. Was jedoch ein Reservat ist, und wie diese Menschen dorthin gelangten, spielt in dieser Interpretation der „Geschichte“ keine Rolle. Es zählt alleine das „they make money enough“. Da wird die „heritage“/ „das kulturelle Erbe“ ganz schnell wieder ahistorisch. Haltungen haben keinen Wert, sondern einen Preis. Oder noch übler, die eine oder der andere verweist geschickt darauf, dass die Plantagenbesitzer unter den Natives auch Sklavenhalter waren. Ist diese Feststellung als Argument gedacht, den „Trail of Tears“ rückwirkend und „rassenübergreifend“ zu einer „rechtmäßigen Enteignung“ zu machen? Und wie verfahre ich gegenüber den Nachkommen jener schwarzer Sklaven, die am Trail of Tears mit ihren indianischen Besitzern teilnahmen, um nicht in die Hände der weißen Profiteure zu geraten?
Damit wir uns an dieser Stelle nicht missverstehen: Ich finde es weder angemessen noch sinnvoll, ein Verbrechen wider das andere aufwiegen zu wollen. Sie existieren als historisches Faktum unabhängig voneinander und sollten auch auf diese Weise betrachtet werden. Aber wer von alldem noch nie etwas gehört hat, der hat keine Möglichkeit dazu. Und im US-amerikanischen Schulunterricht findet nichts von alldem, das ich soeben kürzest möglich umrissen habe, Erwähnung. Darin haben zwar die „Underground Railroad“ und die Abolitionisten ihren berechtigten und fixen Platz, aber die „Five Civilized Tribes“ aka die Nachfahren der Mississippi Kultur wurden zum ersten Mal in ihrer Geschichte vom Mittelalter bis zum neunzehnten Jahrhundert zu einem weißen Fleck auf der Landkarte.
Und weiße Flecken auf der Landkarte ziehen Europäer an wie faules Obst die Fliegen. Dank „23andMe“ weiß ich jetzt, dass ich zu 100% Europäer bin, weshalb mich Cherokee wohl auch magisch anzog. Und ich wollte Schwarzbären sehen. Kleine Schwarzbärchen, die auf Bäume kletterten. So hat mir das eine Dokumentation über den Frühling in den „Great Smoky Mountains“ in Washington im Hotel versprochen.
Unsere Anreise begann auf dem LaGuardia Airport. Also eigentlich mit der Fahrt auf den Flughafen via GoShuttle. Schlechte Erfahrungen mit und die Angst vor dem Highway nach New York City führten dazu, dass Juliane und ich pünktlich drei Stunden zu früh in LaGuardia eintrafen. Andere Erlebnisse wie ewige Wartezeiten, bummelnder Specialservice und hübsche Restaurants an den Gates motivierten meine Gattin dazu, schleunigst zum Abfluggate zu eilen. Vorbei am Food Court und den hübschen Geschäften. Hinter dem Sicherheitsprozedere, wie üblich kein Spaß und reichlich ätzend, dann die unschöne Überraschung: Die Flüge von New York City nach Knoxville, Tennessee gehen natürlich nicht von den gut ausgestatteten und repräsentativen Flugsteig ab. Unser Flugzeug startete von einem weit abgelegenen Flugsteig aus, der mich mit seinem originalgetreu erhaltenen Retro-Chic an den Flughafen Wien Schwechat in den 1980igern erinnerte. Derselbe Fußboden, und auf den schwarz-gelben Hinweistafeln derselbe Schriftsatz wie einst in Wien. Wie gesagt, im Original erhalten, darum auch etwas baufällig und abgenutzt. Unnötig zu sagen, dass es hier kein einziges der trendigen Restaurants gab. Nur insgesamt zirka fünf oder sechs Geschäfte: Imbissbuden, Gebäck- und Zeitschriftenläden. Die Automaten mit Süßigkeiten, Unterhaltungselektronik (z.B. Kopfhörer), Drogerie- und Apothekenartikel nicht zu vergessen. Ich hatte ja jetzt Zeit genug, spazieren zu gehen und mich anzusehen. Im Vorübergehen beobachtete ich die vereinsamten und darum leicht verhaltensoriginellen Verkäuferinnen, Angestellten und Sicherheitsleute, und recht schnell taufte ich diesen Teil des Flughafens auf „das Gate der Verdammten“. Trotzdem waren wir nicht die einzigen, die so früh bereits auf den Abflug nach Tennessee warteten. Die Wartebänke füllten sich schnell mit Reisenden, die offensichtlich so schnell wie möglich aus dem Moloch New York weg und wieder nachhause wollten. Ich fühlte mich wiederum in meine Kindheit versetzt, diesmal in die Wartehalle des Wiener Busbahnhofs auf dem Weg ins Waldviertel. Dieser Eindruck wurde von meiner Verblüffung darüber, dass sich scheinbar alle Fahr- bzw. Fluggäste persönlich kannten, noch verstärkt. Endgültig sicher war ich mir, hier und jetzt mit einem fliegenden Linienbus zu reisen, als ich das Flugzeug selbst sah: Zwei Bankreihen auf jeder Seite. Wie meine Frau sich auszudrücken pflegt, ein fliegender Schlauch.
Dieser fliegende Linienbus brachte uns sicher und wohlbehalten in knappen zwei Stunden nach Knoxville. Und hätte Horn im nördlichen Waldviertel einen Flughafen, so würde der auch aussehen. Picobello sauber, ein künstlicher Flusslauf mit Felsen und Stromschnellen im Übergang zur großen Ankunfts- und Abflughalle. Heute weiß ich, dass er den Ocunaluftee River darstellen sollte. In der Halle ausgestellt: Landmaschinen, Farmbedarf und Motorboote. Landwirtschaft und professionelles Fischen an den lokalen Seen stellen die Hauptinteressen und Erwerbquellen der Region dar. Der junge Mann vom Specialservice wartete bereits am Flugzeug auf uns, mit Rollstuhl und allem. Er brachte uns zuverlässig vor die Flughafenhalle und wartete mit uns auf den Uber-Fahrer. Im Gespräch stellte sich heraus, dass er Cherokee war. Er erklärte mir ausführlich, freundlich und ungefragt, wie ich am besten am nächsten Tag mit dem Mietwagen in unser Hotel in Cherokee fahren sollte, das heißt: auf der landschaftlich schönsten Straße durch den Nationalpark. Julianes Trinkgeldangebot lehnte er höflich aber bestimmt ab. Nachdem er tatkräftig mitgeholfen hatte, mich und unser Gepäck ins Auto zu verfrachten. Es war schließlich seine Aufgabe, uns zu helfen. Die Reaktion bestimmter Specialservice-Mitarbeiter in New York auf ihrer Meinung zu wenig Trinkgeld sprach eine ganz andere Sprache.
Der Uberfahrer, der uns zu unserer ersten Übernachtung im nahen Flughafenhotel brachte, war ein pensionierter „nurse“ der Air Force. Als er hörte, wo wir morgen hinwollten, freute er sich, er wohnte nämlich dort oben in den Bergen. Er erklärte mir freundlich und ausführlich, wie ich am besten, also auf der schönsten Straße durch den Nationalpark, zu unserem Hotel in Cherokee kam. Es war dieselbe Route wie zuvor. Schade, zu unserem Hotel heute hätten wir in wenigen Minuten auch gehen können, allerdings hätten wir dazu den Highway überqueren müssen. Wir hielten das ja schon damals für keine gute Idee, aber in Wahrheit hatten wir keine Ahnung, wie herausfordernd der Highway in Tennessee werden konnte. Dazu später mehr.
Unser erstes Abendessen in Tennessee bekamen wir direkt nebenan in einem Kettenrestaurant von „Ruby Tuesday“. Erster unmittelbarer Kontakt mit der lokalen Bevölkerung: Juliane betritt die Szene und löst Erstaunen aus. Blick auf mich, ihre Begleitung, führt zu Entspannung. Ganz normaler Typ, scheinen sie alle zu denken. Die meisten Männer tragen Vollbart und eine Schirmmütze. Ein etwas älterer Herr mit geflochtenen Zöpfen im Bart grüßt mich, als er geht. Die Kellnerin ist total nett. Die gegrillten Rippchen sind köstlich. Als Getränk dazu empfahl die Speisekarte: Jack Daniels und Cola. Kein Preis. Was soll´s, wir sind in Tennessee! Die Rechnung brachte s an den Tag: Der Whiskey kostete zwei Dollar, das Cola vier. Der Kaffee übrigens 2,90 Dollar.
Am nächsten Morgen in der Lobby ein befremdendes Erwachen. Die Rezeptionistin dozierte beim Auschecken ausführlich ihren Gesundheit- und Immunzustand aufgrund einer Bestrahlungstherapie. Ich dachte, zu viel Information, und Juliane wurde gleich auf mein ernstes Gesicht angesprochen. Ich bekäme auch eine Strahlentherapie, erklärte Juliane. Die Dame hinter dem Tresen nickte verständig, ergriff meinen Unterarm, große Verbrüderung. Ich wusste also, wovon sie redete. Währenddessen ertönte eine aufgeregte Stimme hinter uns. Ein älterer Typ mit Schirmmütze und Ohrenstöpseln ereiferte sich gegen die korrupten „Scumbags“ in Washington. Verabschiedung und Flucht ins Freie.
In der warmen Frühlingssonne holte mich der Erboste wieder ein. Und er warnte mich besorgt: Wir sollten auf uns aufpassen. Er trage seine Ohrstöpsel aus gutem Grund. Die Regierung pflanzte nämlich Mikroben und Bohrwürmer in seinen Körper. Die Amish benutzten diese Tiere zur Folter. Alles im Lande sei korrupt, und „sie“ wären überall. Juliane starrte auf ihr Smartphone und sehnte unseren Uber zum Mietwagenverleih herbei. Ich musste irgendwie entgleist geguckt haben, obwohl ich mich sehr um professionelle Miene bemüht hatte. Jedenfalls seufzte mein Gegenüber traurig, dass ich davon wohl noch nie etwas gehört haben werde. Nein, antwortete ich wahrheitsgemäß. Daraufhin wünschte er mir das Allerbeste, und beteuerte abermals, wir sollten gut auf uns aufpassen. Er selbst wollte sich wieder in die Berge zurückziehen. Okay, hier war er also, der paranoide und psychotische Hinterwäldler. Aber zum Glück auch unser Uber zur Mietwagenfirma.
Bevor ich den Wagen, einen Nissan, übernehmen gehen durfte, erklärte mir der Angestellte von Enterprise zum dritten Mal, freundlich, ausführlich und ungefragt wie ich am besten, also auf der schönsten Straße durch den Nationalpark zu unserem Hotel in Cherokee fahren sollte. Es war wieder dieselbe Route. Ich hatte allerdings von Anfang an vor, sie zu fahren. Hatty hatte sie mir schon im Krankenhaus erklärt, sie hatte in North Carolina gelebt. Jetzt hatte sie sich eingeprägt, ich konnte mich gar nicht mehr verfahren. Zwischen mir und dem Lenkrad lag nur noch die Bürokratie, und die verlief etwas zäh, weil der junge Mann verstand, ich würde „Vice“ heißen, was ihn sehr irritierte. Mit meinem Führerschein konnte ich ihm glaubhaft machen, nicht wie das „Laster“, sondern einfach wie die (Nicht-)Farbe auf Deutsch zu heißen: Weiss. Aber das Material meines Führerscheins hatte es ihm noch mehr angetan als mein Nachname. Woraus wir, die Europäer, diese hervorragenden Dokumente herstellten, wollte er wissen. Er sah so viele davon, einige wie meiner aus den Neunzigern, und keiner war zerschlissen. Das imponierte ihm.
Mich beeindruckte die Landschaft, die ich nur wenige Minuten später fuhr. Erster Eindruck: Kein Müll. Beinahe nirgends. Vielleicht ein Pappbecher neben der Straße in fünf Meilen. Der Highway selbst in gutem Zustand. Bis auf einen Abschnitt, auf dem auf den alten Straßenbelag einfach ein neuer asphaltiert worden war. Diese Lösung hatte den letzte Winter nicht überlebt. Der Frost hatte riesige Löcher in die Fahrbahn gesprengt. Das Stück war etwas anspruchsvoll zu fahren. Die Häuser und Gärten links und rechts der Straße waren allesamt gepflegt. Auch jene der sichtbar ärmsten Bewohner. Deutliches Zeichen für den völlig anderen Zugang zu Eigentum als in Neuengland: die zu Füßen beinahe jeden Postkastens gepflanzten Märzenbecher und Narzissen.
Zwischen Ausfahrt Highway und Einfahrt Nationalpark liegt Gatlinburg ausgestreckt. So viel wir davon gesehen haben, eine Straßensiedlung aus Einkaufszentren, Vergnügungsbetrieben, Themenparks und sogar einer auf Kiel liegenden Titanic. Genau das also, was man in den USA als Tourismuszentrum bezeichnet. Und es war Spring Break. In Restaurants wurden während des Abendessens auf Showbühnen Aufführungen gezeigt. In dem meisten davon bekriegten sich die legendären Hatfields und MacCoys. Die Fehde der beiden Familien war in den restlichen USA für unverzeihlichen Hass und Hinterwäldler an sich zum Synonym geworden. Es gibt sogar eine oder mehrere Fernsehserien. Und es wäre nicht Tennessee, gäbe es nicht auch hier eine lokale Country Music Legende. In Gatlinburg war es niemand geringerer als Dolly Parton. Sie hatte entsprechend ihr eigenes Dollywood. Etliche Wegweiser wollten uns nach Dollywood´s Splash Country, in das Dollywood´s DreamMore Resort oder zu den Dollywood´s Smoky Mountains Cabins locken. Wir verstanden allerdings nicht, weshalb wir uns in künstlichen Themenparks vorgaukeln lassen sollten, was keine fünf Minuten Autofahrt tatsächlich auf uns wartete. Gemessen an den vollen Parkplätzen Gatlinburgs waren wir jedoch mit dieser Meinung in der Minderheit. Vielleicht war das a auch ganz gut so. Immerhin für die Schwarzbären und anderen Tiere im Nationalpark.
Natürlich waren wir nicht alleine im Nationalpark. Es war Spring Break. Wie so eindrücklich empfohlen folgten wir der 441, einem typischen Beispiel für die Beschäftigungspolitik der 1930iger Jahre, in Schweißes Angesicht und mit den Händen vom CCC errichtet, dem Civilian Conservation Corps. 1933 gegründet, und sichtlich genauso ordentlich wie seine europäischen Vorbilder. Der Vorteil davon, eine mit Granitmauern befestigte zweispurige Straße mit klug angelegten Ausweichen und malerischen Tunnels. Die Berge ragten schroff und bewaldet zu allen Seiten auf. Und unten im Tal donnerte der Ocunaluftee River. Von der Straße gingen auch die zahlreichen Wanderrouten ab, die auch alle sehr beliebt zu sein schienen.
Die Bäume waren Großteils noch kahl, so dass ihre Stämme und Äste silbern in der Frühlingssonne glänzten. Die ersten Knospen der Blätter und Nadeln wirkten gut sichtbar und gleichzeitig schemenhaft das erste Grün hinein. Von den Parkplätzen an den Panoramablicken konnte man weit ins Land schauen. Schnell wurde einem dort klar, woher diese Berge ihren Namen hatten. Die Gipfel ragten dunkel in der Ferne auf und dunsteten. Ein Schleier aus silbergrauem Nebel lag über den Wipfeln und vor dem Horizont. Schwarzbären sah ich leider keine, aber einige majestätische Greifvögel zogen ihre Kreise über den naturbelassenen Tälern und Hängen des Great Smoky Mountains Nationalparks.
Die Errungenschaften der amerikanischen Zivilisation stellten mich im Hotel vor eine echte Herausforderung. Kurz zweifelte ich an meinem Verstand. Der Grund war, dass ich relativ kurz aufeinanderfolgend in verschiedenen Hotels geschlafen hatte, aber alle Zimmer geradezu gleich aussahen. Washington, Knoxville und jetzt Cherokee, überall fast der gleiche Zimmergrundriss, die gleichen dunklen Möbel, derselbe Teppichboden und ein beinahe identisches Badezimmer. Typisch für US-amerikanische Hotels. Vielleicht um Vielreisenden das Gefühl eines Zuhauses zu vermitteln? Ich wusste kurz ehrlich nicht mehr, wo ich war. Oder anders ausgedrückt: Ich suchte meinen Kamm dort, wo ich ihn am Morgen hingelegt hatte und ärgerte mich, dass ihn Juliane weggeräumt hatte. Sie klärte mich aber auf, dass ich heute Früh in einem anderen Hotel in einer anderen Stadt gewesen war. Zu guter Letzt habe ich einen Riesenschreck bekommen, als ich aus dem Aufzug ausgestiegen und in die Hotellobby gegangen war. Die sah plötzlich ganz anders aus als erwartet! Möglicherweise hilft es Handlungsreisenden, aber mich versetzte diese Uniformität der Hotelzimmer und Hotels kurz in echte Panik.
Am Abend des St. Patrick´s Days besuchten wir das Casino. In mehrfacher Hinsicht war das unvermeidlich. Das Harrah´s Cherokee Hotel und Casino war das wirtschaftliche und gesellschaftliche Zentrum des Reservats, und suchten wir Sonntagabends ein offenes Restaurant fanden wir es dort. Harrah´s ist sehr viel kleiner als Foxwoods in Connecticut, aber im Grunde spielt sich in den Hallen dasselbe ab. Der größte Bereich ist mit grellen und lauten Automaten vollgestellt, an Spieltischen wird Roulette und Black Jack gespielt und in abgetrennten und ruhigeren Räumen kann gepokert werden. Es gibt ein kleines Einkaufszentrum mit zwei Restaurants, einem Steakhouse und einem Italiener. Wir waren beim Italiener. Und ganz an Ende des Ensembles warteten ein Theater und ein Bowlingzentrum. Das Publikum ist insgesamt weit bodenständiger und ländlicher als bei den Pequot in Connecticut. Und weil St. Patrick´s Day war, erschienen auch einige entsprechend adjustiert. Mit meiner Celtics-Kappe stach ich darum auch nicht wirklich heraus, obwohl sich auch im Kasino, genau wie an der Tankstelle en paar Stunden früher, die aus dem Kettenrestaurant abends zuvor beschriebene Szene mehrmals wiederholte: Julianes Anblick löste Erstaunen aus, meiner stellte das seelische Gleichgewicht wieder her. Die meisten Männer sahen aus wie ich, etliche grüßten mich und wünschten mir sogar einen „Happy St. Patrick´s Day“. Besonders gemustert wurde ich von einem Afroamerikaner an der Bar in der Spielhalle, der wie der selige Coolio in den 1990igern gestylt war. Über den Schneidezähnen trug er ebenso formschöne wie elegante so genannte Grillz. Neben der vergoldeten Zahnverblendung, sah man deutlich, sobald er lachte oder redete, dass ihm alle Backenzähne fehlten. Er entschied sich dagegen, Juliane an zu flirten. Die hatte ihn bisher weder gesehen oder wahrgenommen, weil sie mit dem Rücken zu ihm saß. Sie hätte sich sicher sehr gefreut. Aus der Bekanntschaft wurde nichts. Seine volle Aufmerksamkeit wurde kurz darauf zwei leicht bekleideten Damen zuteil, mutmaßlich aus dem Gewerbe.
Wir blieben nicht lange im Casino. Wir hatten am nächsten Tag einiges vor. Wichtigster Programmpunkt war das Cherokee Museum. Dieses kleine, aber feine Haus bestach durch seine großartige Sammlung archäologischer und historischer Objekte. Die Cherokee konnten sich vieles ihrer Tradition erhalten und zukaufen. In den 1950iger brannte das Museum überraschend ab, die Cherokee hatten ihre Sammlung jedoch zum Überwintern ausgelagert. Wovon außer ihnen niemand wusste.
Im Museum wird die Geschichte der Cherokee Nation seit der Steinzeit dargestellt. Die Mississippi Kultur und ihre Handlungsnetze werden ebenso ausführlich thematisiert wie die diplomatischen Kontakte nach Europa und der Trail of Tears und seine Folgen bis heute. Die Cherokee-Kindern wurden früh von ihren Eltern getrennte und in staatlichen Boarding Schools (Internaten) zu „guten Staatsbürgern“ umerzogen. Unvorstellbar, dass die Cherokee erst 1940 zu US-Bürgern erklärt wurden.
Ich glaube, inzwischen ist jeder und jedem klar, dass ich in Bezug auf die Native Americans eine klare Position beziehe. Ich habe größten Respekt vor ihren Lebensweisen. Allen Nations ist eines gemeinsam gewesen: Die totale Ausrottung einer Lebensform, sei es Feind, Tier oder Pflanze widersprach völlig ihrer Logik. Sogar in der Cherokee-Variante der Fabel vom Rennen von Schildkröte gegen Hase stirbt der Hase am Ende nicht wie bei Äsop, sondern ist „nur“ erschöpft und verzweifelt. Im Museumsshop gab es ein Kinderbuch zu kaufen mit dem Titel „Zehn kleine Häschen“ („Ten Little Bunnies“). Es fing mit einem einsamen Häschen in der Wildnis an, und es endete mit einer Gruppe von zehn, die gemeinsam campierten. Selbst wenn dieses Bewusstsein, wie viele richtig argumentieren, aus der Erfahrung rührt, die die Paläo-Indianer nach der Ausrottung der nordamerikanischen Megafauna und der Pferde machten, so muss ich doch unterstreichen, dass diese Kulturen bereit waren, zeitgerecht die folgerichtigen Konsequenzen zu ziehen. Und nicht bloß die Symptome, sondern die Ursachen zu beseitigen. Im direkten Vergleich gefragt: Wie viele Amokläufe muss es noch geben, bis der richtige Zeitpunkt gekommen scheint, um über Waffengesetze und Zwischenmenschlichkeit in den USA zu reden? Wie viele Klimakatastrophen müssen noch wie prophezeit eintreten, bis der menschlich verursachte Klimawandel als Tatsache akzeptiert werden kann?
Ein weiterer augenfälliger Unterschied zu feudalen Kulturen ist die demokratische Organisation der First Nations. Die Cherokee errichteten ihre Siedlungen entlang des Mississippi und im Rest des Südwestens nach dem Motte und Bailey-Prinzip. Genau wie im normannischen England und auch im niederösterreichischen Waldviertel. Also, jeweils ein künstlicher Burgberg, und darum herum ein Dorf. Bei den Cherokee stand auf der Motte allerdings nicht der befestigte Turm der Grundherren, sondern das Versammlungshaus. Es war faszinierend zu erfahren, dass es bei den Cherokee die Legende gibt, dass es einst unter ihnen einen Priesteradel gegeben hatte, den Brahmanen in Indien nicht unähnlich. Die Mitglieder dieser Gruppe, die Ani-kutani, konzentrierten Reichtum und Bildung auf sich und erhoben sich über das Gesetz. Sie verübten auch sexuellen Missbrauch. Als ein junger Priester die Braut eines jungen Kriegers vergewaltigte, führte dies zum unausweichlichen Aufstand der Cherokee unter der Führung des jungen Kriegers. Alle Ani-kutani wurden getötet. Und die Cherokee beschlossen, dass es unter ihnen niemals wieder erblichen Adel und eine Oligarchie geben sollte. Welche Lehren könnten wir also aus dieser Erfahrung und aus dem Beispiel der Cherokee ziehen?
Auf dem Weg zum National Park-Besucherzentrum und dem Mountain Farm Museum hatten Juliane und ich eine berührende Begegnung. Wir sahen einen echten wildlebenden Truthahn mit zahlreichen Hennen. Diese symbolträchtigen Wildtiere in ihrem natürlichen Umfeld zu sehen, freute mich sehr. Mir war nicht klar, wie groß diese Tiere wirklich waren und dass sie schwarzblaues Gefieder haben.
Das kleine Gehöft, das hinter dem Visitor Centor am Ufer des Ocunaluftee Rivers und bis vor relativ kurzem noch die Davis-Farm gewesen war, präsentierte sich doch recht spartanisch. Im Vergleich zu europäischen Bauernhöfen in ähnlich abgelegenen Bergregionen – Tirol, Steiermark oder Schweiz – waren diese Holzgebäude winzig und ärmlich. Irgendetwas Wesentliches an der Konstruktion der Ställe fehlte zum heutigen Tag, das es nicht mehr möglich war, im Winter Tiere auf der Farm zu halten. Tatsächlich waren die Ställe zugig und eiskalt, die Fugen und Spalten der Wände riesig. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass diese Ritzen und Fugen mit Moos und Lehm ausgestopft waren. Die Bäume in den Smokys sind dicht mit Flechten bewachsen, die auch gutes Dämmmaterial abgeben wurden. Das Zimmermannswerk war auch eher lausig, ohne Nut und Feder oder Gärung lagen die Kanthölzer einfach auf dem stehenden und tragenden Holz. Die Langhäuser der Cherokee, errichtet wie ein Fachwerkbau aus Holz und Lehm, wirkten dagegen robust. Und sie waren ja angeblich die Unzivilisierten. Professionelle Arbeitsteilung war im Falle eines solchen Einschichtbauernhofes naturgemäß Mangelware, weshalb dieses Gehöft auch eine kleine Schmiede, eine Sorghumhirse-Verarbeitung und mehr improvisierte Werkstätten umfasste. Ein bemerkenswertes und hübsches Resultat dieser Arbeitsweise: Die Scharniere aus Hufeisen an Fensterläden und Türen. Von den Cherokee übernommen wurde die Methode, amerikanische Rotkehlchen in an den Gärten aufgehängten Kalebassenkürbissen nisten zu lassen, um „Schädlinge“ von den Feldfrüchten fernzuhalten. Diese Vögel sind um einiges größer als das europäische Rotkehlchen und ordentlich revierdominant und rauflustig.
In diesem Sinne sehr eindrücklich gestaltete sich wieder einmal unser Abendessen. Diesmal im Native-geführten „Paul´s Family Restaurant“. Family Restaurant, weil keine Alkohol-Lizenz. Beim Eintreten spielte sich mit den Ladenbesitzern und der Bedienung die bereits gewohnte Szene ab, die versammelte Gästeschar bereicherte unseren Erfahrungshorizont um einiges: An einem Tisch saß ein etwas älteres Paar, beide mit Kurzhaarfrisur und in hochpreisiger professioneller Outdoor-Freizeitkleidung. Der hagere Mann mit Stoppelbart bemerkte das weiße Y auf Blau an meinen Handschuhen. Sofort zischte er seiner Frau zu, dass ich ein "Yalie" wäre. Ab diesem Moment konnte er sich an mir und vor allem an meinem Gehstock nicht sattsehen. Beides war allen anderen Menschen, die bisher unseren Weg gekreuzt hatten, völlig egal gewesen. So auch dem Grüppchen örtlicher Landbevölkerung, einer Frau und zwei Männer in karierten Hemden und in ausgewaschenen und beuligen Jeans. Die schauten kurz zu uns herüber, als sie uns Deutsch reden hörten, kümmerten sich danach aber schnell nicht mehr um uns. Das änderte sich schlagartig, als ein afroamerikanisches Paar das Lokal betrat. Die Spannung zwischen den drei Weißen und den beiden Schwarzen war spürbar, beinahe unerträglich. Tatsächlich wechselte das Paar auch kurz darauf den Tisch. Las die beiden in einem anderem Raum und außer Sicht saßen, beruhigte sich die Stimmung. Ich konnte in Frieden meinen Elk-Burger verputzen.
Auf der Rückfahrt nach Knoxville verpassten wir wegen eines Funklochs die richtige Abzweigung und fuhren nicht wieder durch Gatlinburg zurück. Stattdessen führte uns das Navigationssystem über kleine abgelegene Landstraßen auf den Highway. Dabei sahen wir blühende Forsythien und Obstgärten. Und so manches Dorf war um einen Hügel herum errichtet, auf dessen Kuppe die Gemeindekirche stand. Alles wirkte sauber und gepflegt. Diese provinzielle Ordentlichkeit erzeugte im Vergleich zu New Haven und Neuengland vor allem eines: Lebensqualität!
Um unser Leben fürchteten wir indes kurz vor der Rückgabe unseres Mietwagens am Flughafen von Knoxville. Ich wollte, auch ganz kleinbürgerlich und ordentlich, den Tank wieder befüllt zurückgeben. Was ich nicht wusste, alle Tankstelle auf dem Highway sind links. Das bedeutete, wir mussten erst auf die ganz linke Spur wechseln und von dort die Gegenfahrbahnen überqueren. Ja, richtig gelesen, wir mussten drei Richtungsfahrbahnen einer Autobahn in der Gegenrichtung überqueren. Dieses „Geisterfahrer unterwegs“ entsprach so den Vorschriften. Den Geruch von saurem Angstschweiß in der Nase erreichten wir lebend die Zapfsäulen. Nur um festzustellen, dass ich vergessen hatte zu fragen und es nicht auf dem Tankdeckel stand, ob dieses Auto ein Diesel oder Benziner war. Das Wissen, dass der falsche Zapfhahn nicht in den Stutzen passte, nutzte in den USA gar nichts, hier sprudelten vier Treibstoffsorten munter aus demselben Hahn. Das bedeutete, dass ich unverrichteter Dinge wieder auf die Gegenrichtung des Highways wechseln musste. Nach dieser Aktion hätte ich gerne das Hemd gewechselt. Stattdessen wechselten wir vom Mietwagen in den fliegenden Bus nach New York. Gut gegangen, nichts geschehen!

Fortsetzung folgt…